Gesamtgeschichte

Mittelalterliche Chroniken berichten, Herzog Heinrich der Löwe habe im Jahre 1172 die St. Katharinenkirche fundiert, erbaut und mit Einkünften versehen. Diese Auffassung ist allerdings nur mit sehr großen Einschränkungen richtig. Im Rahmen seiner Städtepolitik hatte Heinrich der Löwe (1142 mit dem Herzogtum Sachsen und 1156 mit dem Herzogtum Bayern belehnt; 1180 geächtet; 1195 gestorben und im Braunschweiger Dom begraben) besonders seiner Stadt Braunschweig tatkräftige Förderung zuteil werden lassen: er erweiterte nicht nur den Burgbezirk zu einer festen Residenz (Neubau der Stiftskirche St. Blasii 1173-1195), sondern gründete vor allem als neue städtische Siedlung um 1160 den Hagen.

Zu den ersten Bürgern dieser Siedlung mit eindeutig städtischem Charakter gehörten neben Familien der Altstadt vor allem Siedler aus Flandern, die das sumpfige Gelände kultivierten, die Wollweberei zu hoher Blüte brachten und damit einen Grund zum Wohlstand legten. Zweifellos wird dieses neue Weichbild auch eine Kirche besessen haben, wenn wir auch über einen möglichen Vorgängerbau der Katharinenkirche nichts wissen.
Auch der Sohn Heinrichs des Löwen, Kaiser Otto IV., stützte sich bei seiner Reichspolitik vor allem auf die Städte; durch Vergabe besonderer Rechte suchte er, sie an sich zu binden. Als sein Neffe, Herzog Otto das Kind, (1235 mit dem neugeschaffenen Herzogtum Braunschweig-Lüneburg belehnt) im Jahre 1227 mit seiner Besiegelung die ,,Jura et libertates indaginis“, die Rechte und Freiheiten des Hagen, bestätigte, bekräftigte er dabei auch das Recht der Bürger auf die freie Wahl ihres Pfarrers. Merkwürdigerweise war dieses Recht schon im ersten Jahrzehnt des 13. Jh. durch Kaiser Otto IV. erteilt worden (für die Martinikirche der Altstadt ist die Versicherung des gleichen Rechtes 1204 ausgesprochen worden). Auch diese Tatsache weist auf eine frühe Begründung der Kirche hin.

Der romanische Bau

Der Bau der heutigen Kirche, die zur Ehre der hl. Katharina und der Mitpatrone St. Walpurgis, St. Philippi und St. Jakobi geweiht worden ist, wird nach den bau- und kunstgeschichtlichen Untersuchungen auf die Zeit zwischen 1200 und 1205 anzusetzen sein.
Die St. Katharinenkirche wurde zunächst als romanische Pfeilerbasilika konzipiert und gebaut. Als Vorbild diente die Stiftskirche St. Blasii, der sog. Braunschweiger Dom. So entstand eine dreischiffige, gewölbte Pfeilerbasilika mit einem kreuzförmigen Grundriß; allerdings wurde im Gegensatz zum Dom – wie auch schon bei der etwa 1190/95 begonnenen St. Martinikirche in der Altstadt – durch den Einbau eines Portals im Westbau von vornherein die axiale Linie besonders betont. Dadurch bekam das Innere der Kirche eine starke Ausrichtung auf den Chor. Die romanische Basilika ist noch heute sowohl außen wie innen gut ablesbar.
Das Westportal

Das Westportal

Außen zeigt der romanische Bestand am deutlichsten das Untergeschoß des Turmwestbaus. Auf einem Rechteck von 21 ,30 m x 8,15 m errichtet, ist dieses in seiner Westfront durch vier Lisenen in drei hochrechteckige Felder gegliedert und oben mit einem Rundbogen- und Zahnfries abgeschlossen. Bemerkenswert sind die vier Säulenstümpfe oberhalb des Gesimsfrieses. Zu ihren Füßen liegt jeweils eine mythologische Drachenfigur.
In dem mittleren, kaum merklich breiteren Wandfeld befindet sich unter einem großen Rundfenster das reichgeschmückte Westportal. Die über je vier Säulen vierfach gestuften Archivolten dieses Westportals rahmen ein reichgestaltetes Tympanon, auf dem ein mit Ranken und Blättern versehener Lebensbaum dargestellt ist. Rechts und links vom Lebensbaum erkennen wir zwei Tierfiguren. Das linke Tier mit Klauen und Schweif ist ein Drache, der den Baum bedroht, während das rechte Tier als Löwe gestaltet ist; er ist Symbol für Christus, der das Böse besiegt.
Aber auch die Seitenwände der beiden ehemaligen Querschiffarme (jeweils das fünfte Giebelfeld vom Westen her gesehen) gehören zu dem ursprünglichen Baubestand. In der nördlichen Außenwand ist das romanische Portal noch erhalten. Auch kann man rechts und links von dem später eingesetzten gotischen Fenster Teile der Laibung von zwei romanischen Fenstern noch gut erkennen. In der südlichen Außenwand zeichnen sich die einstigen romanischen Fenster wenigstens im Ansatz noch ab, während das romanische Portal in späterer Zeit durch ein gotisches, welches das östlich daneben stehende genau kopiert, ersetzt ist.
Innen ist der romanische Bau besonders im Mittelschiff erkennbar. Dieses hat ein spitzbogiges, gratig ausgeführtes Tonnengewölbe, das in den vier westlichen Gewölbejochen ohne dazwischen gestellte Gurtbögen gebaut wurde. Auch die Vierung und das Chorquadrat sowie die beiden Querschiffarme weisen das gleiche Wölbungssystem auf. Die ehemalige Vierung erkennen wir an den breiteren und wuchtigeren Pfeilern und an den Gurtbögen, die die Vierung von dem Mittelschiff, den Querschiffarmen und dem Chorquadrat deutlich abheben. In Fortentwicklung der Architektur des Domschiffes sind diese Gurtbögen spitzbogig gestaltet.
Ursprünglich standen zwischen den Pfeilern der vier Gewölbejoche des Langhauses noch kleinere, etwa halb so hohe Pfeiler. Die das Mittelschiff begleitenden Seitenschiffe hatten dessen halbe Breite und besaßen je acht Gewölbejoche.

Das Glockengeschoss

Glockengeschoss von Südosten

Glockengeschoss von Südosten

Im mittleren Raum des Westbaus, der etwas schmaler als das Mittelschiff, aber wie beim Dom in voller Höhe zu diesem geöffnet ist, sind über der Rosette Reste der romanischen Ausmalung erhalten. Wir erkennen zwei Löwen, die vermutlich ein Wappen (das des Hagen?) getragen haben, und besonders eine rot-weiß gehaltene quaderförmige Ausmalung des Tonnengewölbes.
Der Ostteil der romanischen Pfeilerbasilika besaß außer der Hauptapsis zwei Nebenapsiden an den Querschiffarmen, die sämtlich im Zuge der Erweiterung der Kirche nach Osten verschwunden sind. Ausgrabungen am Ende des 19. Jh. haben die Grundmauern der ehemaligen Seitenschiffe und der Apsiden freigelegt.  Zum Abschluss ist der Bau der romanischen Basilika einschließlich des Untergeschosses des Turmwestbaus etwa 1235/40 gekommen.
In dieser Zeit drangen bereits gotische Bauformen aus dem französisch-burgundischen Raum auch in Mittel- und Niederdeutschland ein. So zeigt denn bereits das zweite Geschoß des Turmwestwerkes die Formensprache des Übergangs von der romanischen zur gotischen Baukunst. Anklänge an die Westfassade des Halberstädter Domes lassen für dieses Geschoß auf eine Entstehungszeit zwischen 1240 und 1250 schließen. Es ist als zweiteiliges Großgeschoß gestaltet, das in seiner breiten achteckigen Form bereits die beiden dann aus ihm erwachsenden Türme vorbereitet. Das untere Teilgeschoß besitzt mit Rundstabbündeln in den Mauerkanten, mit den eingestellten Säulchen in den Arkadenlaibungen und den durch eine Säule geteilten spitzbogigen Fenstern eine reiche Durchgliederung der Wand. Das obere Teilgeschoß setzt das Wechselspiel der Fenster und Arkaden in umgekehrter Folge fort, allerdings so, daß das Mittelfeld durch drei vor das Mauerwerk gestellte Säulen gegliedert wird. Nach oben ist das zweiteilige Großgeschoß mit einem Schulterfries abgeschlossen.

Erweiterung zur gotischen Hallenkirche

Bald nach Abschluss dieses zweiten Turmgeschosses muss der Plan entstanden sein, die kreuzförmige Basilika mit ihren ungleich hohen Schiffen, dem Querschiff und den Chorapsiden in eine Hallenkirche mit einem einfachen rechteckigen Grundriss und mit gleich hohen Seitenschiffen umzubauen, um so den Typus einer Predigtkirche zu erhalten (Einfluss der Reformbewegung der Franziskaner).
Als im Jahre 1252 der päpstliche Legat Hugo von St. Chèr, Kardinalpresbyter von St. Sabina in Rom, zur Hochzeit des Königs Wilhelm mit der Tochter Herzog Otto des Kindes, Elisabeth, in Braunschweig weilte, baten ihn die Pfarrer und Gemeinden von St. Katharinen, St. Petri und St. Magni um die Erteilung besonderer Ablässe für ihre Kirchen, hatte sich doch Kardinal Hugo in besonderer Weise mit der Ausgestaltung der Lehre vom Ablass beschäftigt. In einer Urkunde vom 31. Januar 1252 gewährte er der Katharinenkirche , die „von neuem mit einem kostspieligen Werk zu bauen begonnen“ sei, einen Ablass für alle, die dazu „hilfreiche Hand“ leisteten“ (solche Handreichung konnte geschehen entweder durch Geldspenden oder durch körperliche Arbeit am Bau, auch durch Beköstigung der dort beschäftigten Maurer und Steinmetze oder andere Leistungen, zum Beispiel die Lieferung von Baumaterial usw.).
Blick ins Innere des Hauptschiffes nach Osten in den Hohen Chor

Blick ins Innere des Hauptschiffes nach Osten in den Hohen Chor

Im Zuge dieses Umbaus wurden zunächst die gotischen Seitenschiffe bis zur Vierung errichtet. Dazu wurden zunächst die Außenwände mit den großen, viel Licht hereinlassen Fenstern aufgemauert sowie Dach und Gewölbe errichtet, danach die alten, nun nur halb so hohen Außenmauern der Basilika, die kleinen Pfeiler und die einst mit romanischen Fenstern versehenden Wände des Mittelschiffes bis unter die Gewölbe herausgebrochen.
Im Inneren wurden die durch den Abbruch gewonnen Architekturteile wieder verwendet. Um die Bruchlinien einen Hauptpfeiler zu schließen sehr, setzte man die ehemaligen Kantensäulen der kleinen Pfeiler davor. So konnte wiederum eine zweigeschossige Gliederung der Arkadenvorlage erzielt werden. An den Pfeilerrückseiten, also zu den Seitenschiffen hin, wurden Dienste und Rippen mit hochgotischen Laubwerkskonsolen und Kapitellen neu gefertigt. Eingewölbt wurden die Seitenschiffe mit Diagonalrippen und fast gleich gebildeten Quergurten, die sich auf Runddienste sowohl an den Außenmauern wir auch an den oberen Hälften der alten Langhauspfeiler stützen. Im nördlichen Seitenschiff sind diese Dienste als ein Bündel von drei Säulen gestaltet, während sie im südlichen Seitenschiff jeweils als Flachpfeiler mit zwei Kantensäulen und einer mittleren Säule, die über ein Blattkapitell in drei kurze Säulen ausmündet,  strukturiert sind. An den Dienstkonsolen brachte man zum Teil figürlichen Schmuck an, zum Beispiel einen Kobold in der Südostecke und einen Drachen in der Nordostecke des vierten Südseitenschiffjoches.
Die Schlusssteine der vier Gewölbejoche zeigen im nördlichen Seitenschiff (von Westen her gesehen): das Siegeslamm in einem Kranz von Weinranken, eine von Blättern umgebene Rose, Eichenblätter mit Eicheln, einen eine Taube in seinen Fängen haltenden Adler; im südlichen Seitenschiff: Christus als Weltenrichter, die heilige Dorothea mit Jesuskind, eine von Blattwerk umgebende Fratze, Blattwerk.
Blick aus dem südlichen Seitenschiff nach Nordosten

Blick aus dem südlichen Seitenschiff nach Nordosten

Außen erhielten die neuen Mauern Strebepfeiler. Diese mauerte man allerdings nicht bis zum Gesims hoch, sondern nur bis zum Ansatz der Rippengewölbe. Über die Strebepfeiler setzte waren halbrunde Säulenvorlagen mit Basis und Blattkapitellen, wodurch man nicht nur eine stärkere Gliederung der Wandflächen, sondern auch einen Anklang an das zweite Turmgeschoß erreichte.
Die großen, viel Licht hereinlassenden Maßwerkfenster der beiden Seitenschiffe sind im gleichen Rhythmus entweder drei- oder vierteilig gearbeitet, wobei die Fenster im ersten und dritten Chorjoch und die Fenster im zweiten und vierten Chorjoch jeweils gleichgestaltet sind. Bis auf Varianten bei den Rosetten in den Spitzbögen gleichen sich auch die einander gegenüberliegenden Fenster des Nord- und Südseitenschiffes. Bedingt durch die ursprüngliche Lage der beiden romanischen Fenster in den Querhauswänden sind die an ihrer Stelle eingefügten gotischen Fenster größer und entsprechend prächtiger ausgefallen. Über jeder Fensterwand steht ein mit unterschiedlichem Maßwerk gestalteter Giebel, dessen Gesimse mit Krabben verziert sind. Kreuzblumen bilden jeweils den krönenden Abschluss.
In das Westjoch der beiden Seitenschiffe führen Portale. Jedoch hat nur das nördliche seine ursprüngliche Gestalt bewahrt. Es ist ein vierstufiges Säulenportal mit einem reichen Laubkapitellfries und lebhaft profilierten Archivolten. in die ein Blattfries eingefügt ist. Das südliche Portal wurde, nachdem Vorbauten des 18. Jh. wieder entfernt waren, 1878 in romanischer Form erneuert. Fertiggestellt wurde dieser Ausbau der Seitenschiffe westlich des ehemaligen Querhauses gegen Ende des 13. Jh., ein Zeitpunkt, der durch mehrere Altarweihen um 1300 (1295, 1300, 1302) gestützt wird.
Gleichzeitig mit der Errichtung der neuen Seitenschiffe wurde auch an den Türmen weiter gearbeitet. Über dem zweiten Turmgeschoß baute man um 1275 in den Formen der frühen Gotik zwei achteckige, hohe Turmgeschosse. Bald darauf wurde zwischen diese beiden Türme ein reichgeschmücktes Glockenhaus gestellt. Die Formen seines Maßwerkes, besonders die Gestaltung des nach Osten gerichteten Fensters, bei dem die Bögen kunstvoll mit dem Maßwerk verschmolzen ist, lassen als Schöpfer dieses Kunstwerkes den Meister des Langhausbaues am Dom zu Minden, der dieses phantasievolles Fenstermaßwerk geschaffen hatte, vermuten.

Neubau des Hohen Chores

Nachdem der Bau der romanischen Pfeilerbasilika zu einer gotischen Hallenkirche um 1300 weithin vollendet war, ging man in der ersten Hälfte des 14. Jh. daran, auch den Hohen Chor neu zu gestalten. Die alte romanische Chorapsis wurde abgebrochen; danach verlängerte man das Chorquadrat um ein kurzes Rechteck und baute daran eine neue Apsis in der seltenen Form eines aus sieben Wänden mit großen gotischen Fenstern versehenen Zehnecks. So entstand entgegen dem Plan von 1250 nunmehr ein langgestrecktes. vom Laienbereich abgeschlossenes Chorhaus, wie es häufig die damals errichteten Bettelordenskirchen (vgl. die Brüdernkirche in Braunschweig) aufwiesen. Das 7/10-Chorpolygon muss damals noch mehr als heute wie eine in sich zentrierte Altarkapelle gewirkt haben. Zum Bau des neuen Chorrechtecks und der polygonen Apsis verwandte man zum ersten mal an der St. Katharinenkirche ein Großquadermauerwerk, nachdem man bis dahin ein Bruchsteinmauerwerk aus Rogenstein benutzt hatte.
Die Rippen der Gewölbe im neuen Chor werden von Runddiensten getragen. deren Konsolen mit Figuren, die den Sieg des christlichen Glaubens über das Böse und den Tod symbolisieren, versehen sind. Bei der nördlichsten Konsole beginnend erkennen wir: einen Hund (Symbol des Todes), einen Löwen (Symbol für Christus), einen Drachen (Symbol des Bösen), einen Kopf über drei Fischen (eine sog. Trinakria, Symbol für die Dreifaltigkeit), zweimal eine Rosette, aus der drei Blätter erwachsen (ebenfalls Symbole für die Dreifaltigkeit?), einen Hahn (Symbol für die Auferstehung) und eine Maske in einem Blattwerk (Dämon?).
Die Fertigstellung dieses Bauabschnittes lässt sich auf das Jahr 1343 datieren. Eine Bauabrechnung des Ratsherrn im Hagen, Conrad von Luttere, aus der Zeit zwischen 1345 und 1347 berichtet u.a. von der Einwölbung des Chores, dem Sparren und Decken des alten Chores, auch dem Sparren und Decken des Kirchendaches überhaupt, aber auch von der Weihe von „Chor und Altar“. Vollzogen wurde die Weihe von Bischof Albrecht von Halberstadt. vermutlich um den St.-Gallus-Tag, den 16. Oktober 1343. Denn zu diesem Zeitpunkt bestätigte Bischof Albrecht dem damaligen Pfarrer Reymbold eine Schenkungsurkunde, und die St. Katharinengemeinde beging im Mittelalter den Tag der Kirchweihe jeweils am Sonntag nach St.-Gallus-Tag. Bemerkenswert ist auch, daß in dieser Bauabrechnung des Conrad von Luttere sich Ausgaben für eine Orgel und für Drahtgeflechte vor den Fenstern finden (letztere zum Schutz kostbarer Verglasung?).

Vollendung des Baus: Türme und Erweiterung der Seitenschiffe nach Osten

Nach Fertigstellung des Chores wandte man sich wieder den Türmen zu. Der Südturm erhielt noch zwei, der Nordturm aber zunächst nur noch ein Geschoß. wobei jeweils alle acht Seiten mit gotischen Fenstern, z. T. mit Blendmauerwerk. versehen wurden. 1379 erhielt der Südturm die bleigedeckte Turmspitze. Mit einer Höhe von 74 m erhebt sie sich heute über der Stadt.
Gegen Ende des 14. Jh. griff man dann doch den alten Plan einer völligen Hallenkirche wieder auf. Nun wurden auch die Seitenschiffe nach Osten über das romanische Querhaus um jeweils zwei Joche erweitert und zwar so. dass nun je ein Fenster des polygonalen Chores im Innern der Kirche zu stehen kam. Bei dieser Erweiterung baute man auch, und zwar in das Ende des nördlichen Seitenschiffes, eine Sakristei. Die Weihe eines Philippus-Jakobus-Altares am Aufgang zu dieser Sakristei im Jahre 1401 und die Weihe eines Andreas-Altares „auf der Südseite des Chores“ im Jahre 1397 weisen auf die Vollendung dieses Bauabschnittes um 1400 hin, wenigstens für das Nordschiff. Vermutlich konnte der Erweiterungsbau im Süden nicht gleichzeitig fertiggestellt werden, so daß hier vorübergehend eine Kapelle entstand. Darauf deutet nicht nur die Notiz über die Altarweihe des Andreas-Altares von 1397 hin, die von der„Andreaskapelle auf der Südseite des Chores gelegen“ spricht, sondern auch die Tatsache, dass man unmittelbar neben das Portal, das in das ehemalige Querhaus führt, ein eigenes schmales gotisches, mit Fialen verziertes Portal baute. Auch der Wechsel im Mauerwerk (unten behauener Rogenstein, darüber Kalksteinquader) lässt sich so am ehesten erklären. Nach dem ersten Viertel des 15. Jh. wird dann aber auch das südliche Seitenschiff in seiner jetzigen Schönheit zum Abschluss gekommen sein.
Die Wölbung in den beiden neu entstandenen Seitenschiffen ist nicht – wie sonst in den älteren Seitenschiffen – durch Quergurte in zwei Joche geteilt, sondern bildet ein einheitliches Ganzes. Besonders reich ist sie im südlichen Teil gestaltet. Hier finden sich nicht nur schöne Schlusssteine mit Darstellungen der heiligen Katharina und Christi, sondern auch auf den Rippen die Symbole der vier Evangelisten. Interessant sind aber auch die Dienstkonsolen im nördlichen Seitenschiff; sie stellen fast ausschließlich Frauenköpfe dar.
Das hochgotische Maßwerk der Fenster zeigt Verwandtschaft zu gleichartigen Arbeiten der Prager Schule, deren Einfluss bis in den norddeutschen Raum nachweisbar ist. Besonders schön ist außen das erste Fenster nach dem ehemaligen Querhaus an der Südseite gestaltet. Unter in das Maßwerk gearbeiteten Baldachinen sind dort links die heilige Katharina, in der Mitte Maria mit dem Jesuskind auf dem Arm und rechts Maria Magdalena dargestellt. Auch die Giebel dieser zuletzt aufgeführten Gewölbejoche erhielten im weiteren Verlauf reiches Maßwerk und im Süden wie im Osten Figurenschmuck.
Der östlichste Giebel auf der Südseite zeigt die Krönung der Maria, flankiert von zwei musizierenden Engeln, auf den nach Osten ausgerichteten Giebeln sind das südliche Seitenschiff mit einer Kreuzigungsszene:Jesus zwischen den beiden Schächern, und das nördliche Seitenschiff mit der Patronin der Kirche, der heiligen Katharina, geschmückt.
Der östlichste Giebel auf der Nordseite enthält ein Wappen mit Hirschgeweih, das Wappen der Familie Koghel und die Jahreszahl 1450. Auch neben der Katharina im Nordostgiebel ist die Zahl 1450 angebracht. ln diesem Jahrwar mit der Errichtung der letzten Giebel der mittelalterliche Kirchenbau im wesentlichen abgeschlossen. Lediglich am Nordturm wurde noch einmal gearbeitet.
Er wurde zwar nicht mehr weiter aufgestockt, erhielt aber 1512 die kupfergedeckte, mit einer Laterne versehene, im unteren Teil geschwungene Haube. Auch baute man in diesen Turm damals ein Uhrwerk ein. Seitdem gehören die ungleich hohen Türme von St. Katharinen zur unverwechselbaren Silhouette der Kirchtürme von Braunschweig. Größere Baumaßnahmen werden nun nicht mehr durchgeführt, jedoch erfuhr das Innere der Kirche noch mancherlei Veränderungen.
1528 wurde in Braunschweig die Reformation eingeführt. Seitdem ist die St. Katharinenkirche evangelische Gemeindekirche. Der Reformator Braunschweigs, Johannes Bugenhagen, ließ wie in den anderen Kirchen so auch in St. Katharinen die nicht mehr benötigten Altäre (bis auf den Hochaltar und den Vierungsaltar) abbrechen. Vor der Reformation standen in der Kirche 16 Altäre.
1553 erhielt der Chor drei Glasfenster im lutherischen Sinne; darauf waren die Kreuzigung Jesu, flankiert von der Opferung lsaaks und Moses mit der ehernen Schlange dargestellt (seit Ende des 19. Jh. befinden sich diese Glasfenster im Städtischen Museum).
Die Katharinenkirche 1948. Gemalt von Wofgang Schäffler.

Die Katharinenkirche 1948. Gemalt von Wofgang Schäffler.

Zwei eingemauerte Kanonenkugeln, von denen die eine am nordwestlichen Vierungspfeiler bei der Belagerung durch Herzog Friedrich Ulrich am 29. Oktober 1615 während des Gottesdienstes und die andere an der Südwand 1671 hereingeschossen wurden, erinnern daran, dass auch in früheren Jahrhunderten die St. Katharinenkirche vor Kriegsunglück nicht ganz verschont worden ist. Auch Feuers- und Wassersnot fehlten nicht. 1559 brannte der große Südturm infolge Funkenflugs von einem Feuer in der Wendenstraße völlig aus. Im folgenden Sommer konnte allerdings die Turmspitze schon wieder aufgerichtet werden. Ein Brand des gleichen Turmes 1603 konnte noch rechtzeitig, bevor größerer Schaden entstand, gelöscht werden. Als am 20. Februar 1815 ein Blitz in den Südturm schlug, gelang es durch rechtzeitiges Absägen der Hälfte des Helmdaches einem größeren Unglück Einhalt zu gebieten. Von Schäden durch Hochwasser hören wir aus dem Anfang des Jahres 1775,von Weihnachten 1741 und vom 8. April 1848 und 1849 erhielten die ehemaligen Querhausgiebel, die bis dahin noch ihre alte schlichte romanische Gestalt behalten hatten, ein gotisches Maßwerk. um so eine einheitliche Giebelfront zu erzielen. Die im neugotischen Geist 1887-90 durchgeführten Erneuerungsarbeiten versahen das Kircheninnere mit neuen Ausstattungsstücken: Altar (Kruzifix, Maria und Johannes noch erhalten), Kanzel, Taufe, Gestühl und Orgelempore. Die Sakristei mußte völlig neu gebaut werden; ihre kleinen Außenfenster stammen aus der gleichen Zeit.
Der Zweite Weltkrieg schlug auch der St. Katharinenkirche schwere Wunden. In der Nacht vom 14. auf den 15. Oktober 1944 brannten beide Türme völlig aus. Das Kirchendach und das Dach des Glockenhauses wurden schwer beschädigt. Das im Jahre 1948 von Wolfgang Schäffler gemalte Skizze der Katharinenkirche gibt wohl in etwa den damaligen Zustand wieder:
Ein bis dahin über der Vierung befindlicher Dachreiter wurde gänzlich zerstört. Alle Fenster waren zersprungen. Nach den dringendsten Notarbeiten zur Sicherung der Gewölbe (1945-50) wurde von 1950 bis 1960 die Wiederherstellung der Kirche durchgeführt: 1957/58 Neubau der Turmspitzen in der traditionellen Form, Einbau neuer Glasfenster (im Hohen Chor und an der Ostwand des südlichen Seitenschiffes von H.-G. von Stockhausen 1959-1960 künstlerisch gestaltet; vom selben Künstler stammt auch das Glasfenster in der Rosette im Westwerk von 1981).
Vermessungen der Lotlinien an den Türmen im Jahre 1968 ergaben, dass am Südturm ein Überhang nach Osten von ca. 85 cm und am Nordturm ein Überhang nach Ost-Nord-Ost von ca. 75 cm eingetreten war. Daraus resultierten extrem hohe Kantenpressungen an der Fundament-Ostseite und besonders auch Verformungen des westlichen Gewölbejoches, dessen Rippen und Gurtbögen immer mehr zerrissen. Daher musste der ganze Westbau unterfangen werden. Diese Arbeiten wurden von 1974 bis 1978 unter Einsatz großer finanzieller Mittel und mit erheblichen technischen Schwierigkeiten erfolgreich ausgeführt. Von 1979 bis 1980 musste die durch diese Arbeiten stark in Mitleidenschaft gezogene Kirche erneut restauriert werden. 1987 wurde endlich auch mit der Restaurierung der Außenmauern begonnen. die nicht nur noch zahlreiche Kriegsverletzungen aufwiesen, sondern vor allem auch durch den ,,sauren Regen“ stark gelitten hatten.

Die Epitaphien

Das Innere der Kirche ist mit insgesamt 11 Epitaphien aus der Zeit des 16. bis 18. Jh. ausgestattet. Ein zwölftes befindet sich im Städtischen Museum zu Braunschweig. Epitaphien sind Totengedächtnismale, die nicht an den Ort des Grabes gebunden sind.
Die im Folgenden besprochenen Punkte sind in der folgenden Skizze örtlich angegeben:
 
1. Epitaph von der Schulenburg
2. Epitaph Bortfeld
3./4. Epitaph Bhetz von 1796
5. Epitaph Schrader
6. Epitaph Tuckermann
7. Epitaph Schrader, nach 1589
8. Epitaph Becker
9./10. Epitaphien N. Mahrenholtz
11. Epitaph Jordan
 
 
1. Epitaph für Jürgen (Georg) von der Schulenburg und dessen Ehefrau Lucia, geb. von Veltheim (ca. 1620).
Dieses sehr beeindruckende Epitaph unserer Kirche gehört zu den bedeutendsten im norddeutschen Raum. Sein Schöpfer ist Jürgen Röttger (gest. 1623). Die Figuren, Reliefs, Ornamente und Wappen sind von Lulef Bartels aus Magdeburg geschaffen. Ursprünglich stand es als Lettner im Mittelschiff zur Abgrenzung des Chorraumes. In der mittleren unteren Arkade befand sich damals ein Altar. Das erklärt, warum im Epitaph bei der Darstellung der Heilsereignisse die Kreuzigung fehlt. Sie war dargestellt im Altarkreuz, 1789 wurde das Epitaph an seinen jetzigen Standort gebracht und auch 1987 nach gründlicher Restaurierung wieder dorthin gesetzt. Jürgen von der Schulenburg war ein angesehener Braunschweiger Bürger, der sich große Verdienste um die Stadt erworben hatte. So ist es verständlich, dass dieses Epitaph so monumentale Ausmaße haben durfte. Im ersten Stockwerk des Epitaphs befindet sich in der Mitte die Darstellung der Anbetung der Hirten im Halbrelief. Vorlage hierfür war ein Kupferstich des Niederländers Jan Müller, der ihn wiederum nach einem Gemälde von Bartholomäus Spranger aus Antwerpen gestaltet hatte. Das Ehepaar von der Schulenburg kniet links und rechts, gleichsam den neugeborenen Christus mit anbetend. Über der Geburt Christi ist seine Auferstehung dargestellt nach Motiven eines Stichs des Cornelius Cort von 1569. Darüber sehen wir die Himmelfahrt Christi. Im Giebel thront Gottvater, der schützend seine Hand auf die Weltkugel legt. St. Georg zu Pferde krönt das Epitaph, er ist der Namensheilige des Geehrten (Jürgen: Georg). Das Epitaph ist aus Kalkstein und Schiefer hergestellt; die Figuren, Reliefs, Ornamente und Wappen sind aus Alabaster.
2. Epitaph für Armgart von Bortfeld (1585)
Dieses Grabdenkmal ist von dem Braunschweiger Weimar Heinemann geschaffen worden. Die Verstorbene steht in Lebensgröße in einer von Pilastern umrahmten Bogennische. Es ist das Bild einer vornehmen Adligen in Festtracht. Sie trägt wie eine Braut einen Kranz auf dem Haupt und einen Blumenstrauß in Händen. Die Legende erzählt, dass Armgart von Bortfeld bei ihrer Vermählung vor dem Altar tot zu Boden gesunken sei.
3. Epitaph für Jacob Rhetz (nach 1719)
Dieses Werk wird dem Braunschweiger Anton Detlev Jenner zugeschrieben. ln der Mitte sehen wir die Büste des Verstorbenen. Auffällig ist, dass zwar Symbole des Kriegsruhmes (als krönender Abschluß des Epitaphs über der Buste) und der Nichtigkeit und Vergänglichkeit des Lebens (Totenschädel und Gebeine im Sockel) zu sehen sind.
4. Epitaph für Elisabeth Sophie Marie von Rhetz (1796)
Jüngstes Epitaph in St. Katharinen, ohne religiösen Bezug.
5. Epitaph für Heinrich Schrader und seine Ehefrau (1659)
Werk des in Braunschweig geborenen Bildschnitzers Hermann Scheller. Von Anton Picard stammt das Gemälde im Sockelgeschoß. Das Epitaph wurde schon zu Lebzeiten des Geehrten geschaffen. Es ist dreistufig konzipiert. Mit seinen Seitenflügeln umgreift es die Pfeiler. ln der Mitte sind übereinander dargestellt Kreuzigung, Auferstehung und Himmelfahrt. Auf den Seitenflügeln sehen wir links die Verkündigung Mariens, die Anbetung der Hirten und Jesu Darstellung im Tempel, rechts Jesus im Gebet am Ölberg, die Geißelung und die Kreuztragung.
6. Epitaph für Peter Tuckermann (nach 1651, renoviert 1989)
Grabmal für einen Geistlichen, der höchste kirchliche Ämter im Herzogtum Braunschweig-Lüneburg bekleidete: Abt von Riddagshausen bei Braunschweig, Generalsuperintendent und Konsistorialpräsident. Außerdem war er Oberhofprediger im Fürstenhaus zu Wolfenbüttel. Er und seine erste Frau sind in der Katharinenkirche begraben. In der Klosterkirche in Riddagshausen befindet sich ein weiteres Epitaph für den Geehrten.
Die Kreuzigung mit Maria und Johannes bildet die Mitte des Epitaphs. (Das Kreuz muss noch ergänzt werden.) Als krönenden Abschluss sieht man über dem Abtwappen den Auferstandenen mit zwei Passionsengeln. Als Eckfiguren sind Moses und Johannes der Täufer dargestellt. Ursprünglich war im Hintergrund der Kreuzigungsszene eine Stadt zu sehen.
7. Epitaph für Ludolf Schrader und seine Ehefrau (nach 1589)
Dieses Epitaph hat ebenfalls Jürgen Röttger geschaffen (vgl. Nr. 1). Das Ehepaar Schrader ist lebensgroß vollplastisch dargestellt. Die Figuren werden Ebert Wolf d. J. aus Hildesheim zugeschrieben. Das Alabasterrelief der Kreuzigung wurde nach einem Kupferstich des Egidius Sadler geschaffen, den dieser nach einem Gemälde von Christoph Schwarz herstellte. Darüber finden wir ein Relief der Auferstehung und Himmelfahrt. 1725 erst wurde eine Inschrifttafel von A. D. Jenner hinzugefügt.
8. Epitaph für Franz Becker und seine Ehetrau (1630)
Das Werk wurde bei Hans Röttger, dem Sohn Jürgen Böttgers, in Auftrag gegeben. Der starb allerdings schon 1627. So ist dies Epitaph wahrscheinlich Werkstattarbeit. Als Andachtsbild ist die Grablegung gewählt. Das Gemälde im Epitaphsockel stellt Franz Becker und seine Frau dar.
9. und 10. Epitaphien für Valentin und Levin Mahrenholtz (1593 und 1596)
Beide sich gleichenden Epitaphe werden Jürgen Röttger zugeschrieben. Sie bestehen aus Holz. Die vollplastischen lebensgroßen Figuren der Verstorbenen sind von Ebert Wolf d. J. aus Hildesheim geschaffen. Mittelpunkt ist das Gemälde von der Auferstehung und darüber der Himmelfahrt Christi. Das Gemälde für das Epitaph Valentin stammt von dem Niederländer
Floris van der Mürtel. Das Levin’sche Epitaph hatte als Bild in der Mitte ursprünglich die Verklärung Jesu. Bei einem Brand 1665 wurde das Bild beschädigt und durch eine Kopie des Valentin’schen Auferstehungsbildes ersetzt.
11. Epitaph für Joachim Jordan (nach 1639)
Joachim Jordan war von 1616- 1639 Seelsorger der Hagengemeinde und Pfarrer an St. Katharinen. Auf einer ovalen Platte aus vergoldetem Kupfer ist der Verstorbene, kniend zwischen Moses und Johannes dem Täufer im Gebet vor dem Gekreuzigten, dargestellt. Diese bildliche Predigt nach Johannes 1,15-17 ist eine vereinfachte Nachbildung des Rechtfertigungsbildes von Lucas Cranach d. A. Der Graveur dieses Bildes ist Konrad Baun (lat. Buno), der Hofkupferstecher von Herzog August in Wolfenbüttel.

 

Lit.: Hermann Oertel: Die Epitaphe in der Katharinen-Kirche, in:
Acht Jahrhunderte St.-Katharinen-Kirche Braunschweig 1980, Braunschweig S. 79- 107.
G. Dehio: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler: Bremen Niedersachsen München Berlin 1977, S. 180 f.

 

Die Kirchenfenster

Die Kirchenfenster (entstanden 1960/61 und 1982). Es handelt sich um die fünf Fenster des Chorpolygons, um das Fenster im südöstlichen Seitenschiff und um die Rosette über dem Westportal. Sie sind entworfen von Hans Gottfried von Stockhausen aus Esslingen (1920) und zeichnen sich durch klare Gliederung und Farbintensität aus. Die fünf Fenster des Chorpolygons haben als Zentrum das Christusfenster mit dem gekreuzigten Christus. Aus dem Kreuz wächst der Lebensbaum (Zeichen für das Leben, das aus der Erlösungstat Christi erwächst). Er nimmt das Motiv des Lebensbaumes aus dem Tympanon des Westportals wieder auf. Darüber ist das Osterlamm mit der Siegesfahne zu sehen. Auf dem Fenster links vom Zentrum sind das Pfingstgeschehen, die Taufe und der Sämann des Wortes dargestellt. Das rechte Bild stellt in Symbolen das Hirtenamt der Kirche dar: den guten Hirten, den Fischer (Menschenfischer) und den Weinstock mit den Reben (Abendmahl). Die beiden Außenfenster des Chores behandeln Themen des Alten Testamentes, links die Urgeschichte (Schöpfung, Paradies, Vertreibung, Kain und Abel, Turmbau, Arche Noah), rechts die Vätergeschichte (drei Männer bei Abraham, Isaaks Opferung, Jakobs Kampf am Jabbok, Joseph als Traumdeuter), dazu Moses mit der Schlange und den Gesetzestafeln sowie der Prophet Daniel im Feuerofen und Jona.
Glasfenster 
Das Ostfenster im südlichen Seitenschiff ist dem Thema Ostern gewidmet: Die aus dem Dunkel kommende Menge strömt auf den die Osterbotschaft verkündenden Engel zu. Darüber steht der Auferstandene. Er weist auf Gott, den Herrn über Leben und Tod. Das Rosettenfenster über dem Westportal (entstanden 1982) hat als Motiv wieder den Lebensbaum.

Die Orgel

Schon im 14. Jh. besaß die St. Katharinenkirche eine Orgel. Aus dem Jahr 1502 wird uns von der Weihe eines erneuerten Orgelwerkes in Anwesenheit des päpstlichen Legaten und Kardinals Raymundus berichtet.
1621 – 23 schuf der bedeutende Dresdener Orgelbaumeister Gottfried Fritzsche (1578-1638) eine neue Orgel mit 30 (oder 33?) Registern. Sie wurde auf eine Empore im Westen des Mittelschiffes gestellt. 1820/21 und noch einmal 1854 erfolgte ein größerer Umbau dieses Instrumentes. Bei der Turmunterfangung 1974/78 musste die Orgelempore abgebaut werden; dadurch wurde auch der Bau einer neuen Orgel erforderlich, zumal auch die Kriegsschäden nur unvollkommen hatten beseitigt werden. können. Die Maße dieses Instrumentes erforderten eine Aufstellung zwischen den bei den westlichen Pfeilern. Es wurde 1980 von der Firma von Beckerath, Hamburg, gebaut.
Die große Orgel hat 53 Register, sechs davon noch aus der alten Fritzsche-Orgel, mit ca. 3900 Pfeifen. Sie sind verteilt auf vier Werke, deren Stellung man gut an dem lebendigen, nur auf den ersten Blick symmetrisch erscheinenden Orgelprospekt erkennen kann: Über dem Spieltisch befindet sich hinter einem Plexiglasschweller das Brustwerk. Es schließen sich über der Spanischen Trompete das Schwellwerk und ganz oben das Hauptwerk an. Das Pedal mit dem großen Prinzipal steht auf der rechten Seite. Eine Besonderheit ist das Holzregister hinter der gegliederten Rückwand der Orgel. Das Instrument hat mechanische Spieltraktur und eine elektrische Registeranlage mit fünf Setzerkombinationen.
 
Die elf Register der Chororgel im nördlichen Seitenschiff verteilen sich auf zwei Manuale und Pedal. Das Instrument aus dem Jahre 1965 stammt von der Firma Walcker, Ludwigsburg.

Die Glocken

Die Glocken im Glockenstuhl zwischen den beiden Türmen sind nur z. T. aus alter Zeit erhalten, aber durch neuere Güsse zu einem geschlossenen Geläut ergänzt worden. Sie tragen folgende Namen: Servator (1553 gegossen, Grundton h“, Gewicht 2700 kg, Durchmesser 1,65 m); Salvator (1656, d‘, 1750 kg, ∅ 1,43 m); Sancta Catharina (1987, e‘, 1100 kg, ∅ 1,22 m); Johannes Baptista (1987, g‘, 680 kg, ∅ 1,01 m); Vaterunser-Glocke (1495, e“, 136 kg, ∅ 0,65 m). Die Uhrschlagglocke stammt aus dem Jahr 1696.

Devotionalien

  • Abendmahlskelche. Die St. Katharinengemeinde besitzt drei äußerst wertvolle Abendmahlskelche aus vorreformatorischer Zeit, einen spätromanischen Kelch (13. Jh.), einen gotischen Kelch (14. Jh.) und einen auffallend hohen großen, sehr schlichten Kelch aus dem 15.Jh.
  • Altarkreuz und Altarleuchter. Werke von Arnold Rickert (1961) aus vergoldetem Kupfer.
  • Taufbecken. Werk von Fritz Fleer aus Hamburg (1961).

Zusammenfassender Überblick:

um 1160 Heinrich der Löwe gründet das ,Weichbild“ Hagen.
ab ca. 1200 Bau  als romanische Pfeilerbasilika.
1250 – 1300 Erweiterung zu einer gotischen Hallenkirche; Neubau der Seitenschiffe bis zum romanischen Querhaus. Bau der beiden Turmgeschosse und des Glockenhauses.
1343 Einweihung des neuen gotischen Hohen Chores.
1379 Vollendung des Südturmes (74 m).
ca. 1400 Erweiterung der Seitenschiffe bis zum Hohen Chor.
1450 Vollendung des mittelalterlichen Kirchenbaus.
1512 Vollendung des (kleineren) Nordturmes.
1528 Reformation in Braunschweig.
1944 Starke Bombenschäden.
1967/68 Neue Turmspitze.
1974-1978 Turmunterfangung.
1980 Innenrenovierung, neue Orgel.
1987 Außenrestaurierungen.

Der Text stammt im Wesentlichen von:

Probst i.R. Klaus Jürgens,
Abschnitte über die Epitaphien und Kirchenfenster: Pfr. i.R. Joachim Vahrmeyer,
Die Abschnitte über die Orgel und die Glocken: KMD i.R. Dieter Kroeker.

Katha-J-Bild

 

Weitere Literatur:

GROSSE BAUDENKMÄLER HEFT 388
Druck: Mittelbayerische Druckerei- und Verlags-Gesellschalt mbH Regensburg
DEUTSCHER KUNSTVERLAG MÜNCHEN BERLIN 1990
D.O.M.S der Inschrift gegeben ist (Deo Optimo Maximo Sacrificatum).