„Es ist absurd: während die Jungen vor der Zeit altern, genießen die Alten die Privilegien der Jugend – Unbekümmertheit und Unvernunft.“
So endet der ZEIT-Artikel von Anita Blasberg zum Thema Demografie aus dem Jahr 2013. Die Autorin steht selbst zwischen den Stühlen, gehört sie doch als Vertreterin des Jahrgangs 1977 weder den 68ern noch der „Generation Y“ an, über die sie schreibt. Zwischen den alt und gesetzt gewordenen Revolutionären von vor fast 50 Jahren und denen, die jetzt Junge Erwachsene sind, sieht die Autorin ein krasses gesellschaftliches Missverhältnis. Nach der Melodie „Die arme Jugend“.
Der plakative und unterhaltsame Vergleich der beiden Generationen hält aber der Realität nicht (ganz) stand. Denn es gibt natürlich auch die andere Seite. Die jetzt Jungen (Jahrgang 1980 aufäwrts) sind vielleicht nicht so wild wie ihre Vorgänger, und das trägt ihnen auch schon mal ziemlich heftige Kritik ein – sie seien „orientierungslos und ziemlich gleichgültig“ . Unter der coolen Oberfläche kann sich jedoch eine komplizierte Dynamik verbergen, die für die Angehörigen dieser Generation eine echte Herausforderung ist. Macht das aus ihnen gleich eine unglückliche Generation?
Ãœber die Analysen des Rheingold-Instituts, die das ganze Elend als „Verlust der Leidenschaft“ schon 7 Jahre früher diagnostiziert haben (vgl. Stefan Grünwaldt, Deutschland auf der Couch), sind wir zum Glück hinaus. Hinter manchem „Ja, aber“ verbirgt sich eine gehörige Portion Selbsironie und ein cooler Abstand zu Dingen, aus dem heraus neue Haltungen und Lebensentwürfe möglich werden. Jetzt wittert manch einer beim Anblick der jungen Leute ein großes Potential für die Gesellschaft. Und sicher geht von dieser Generation auch ein Veränderungsimpuls aus. Aber richtig ernst genommen werden die Y-er wohl (noch) nicht. Ihr Lebensgefühl und ihre Lebensleistung sind noch nicht im Blick, auch nicht in ihrem eigenen.
Hat diese Generation eine historische Aufgabe, eine „Berufung“? Wenn es stimmt, was manche Kaffeesatzleser aus ihren Beobachtungen herausholen, dann nehmen die Y-er das Leben leichter, als es ist. Man kann es auch anders sehen. Die tiefernste Rettungsattitude – mit hochdramatischer Geste von ihren Vorgängergenerationen zur Aufführung gebracht – findet man bei ihnen seltener. Scheitern ist keine Katastrophe. Vielleicht ist diese Haltung schon ein Fortschritt und bringt neuen Stil mit unerhofften Möglichkeiten mit sich. Aber darin kann man die Berufung noch nicht klar erkennen.
Werner Busch