Anlässlich der Beschäftigung mit biblischen Wundern (Heilungsgeschichten in den Evangelien) stieß ich auf einen Text zu den „Voraussetzungen des theologischen Denkens“ von Paul Schütz, den ich hier auszugsweise (und zum Selberknabbern) wiedergebe. Viele Grüße von Werner Busch
Wissend wie glaubend verfehlt der Geist des Menschen das Ganze der Wirklichkeit. Immer gewinnt er diesem Ganzen Teilwahrheit ab. So entzündet sich am Nicht-zu-Bewältigenden unendliche Leidenschaft und aus der Leidenschaft eine Spannung, die in unseren Jahrhunderten sich in eine offene Spaltung zwischen Wissen und Glauben auseinandergesprengt hat. […]
In der Spaltung des Bewusstseins tut sich eine Gefahr auf, der wir auf den Grund gehen müssen. Es ist eine Gefahr für den Menschen. Einmal zur Spaltung gekommen, bleibt es nicht dabei. Die Unterscheidung wird zur Scheidung dessen, was nicht geschieden werden kann. Die Spaltung wird zur Verstümmelung. Spannung – Spaltung – Verstümmelung. Verstünnelung übt der Wissende, der sich vom Glauben, wie der Glaubende, der sich vom Wissen scheidet. Dieses Verhalten wird beidemal zu einer Existenzlüge. Denn es gibt kein Wissen, in dem nicht geglaubt, und keinen Glauben, in dem nicht gewusst wird. […]
In der Verstümmelung hat sich der Denkende das wegamputiert, das ihm die Erkennung der Scheinlösung noch gewährte, nämlich den Widerspruch seines Gegenüber. Ein Dialog wird zum Monolog verstümmelt, wenn dem einen der beiden Partner das Wort abgeschnitten ist, wenn er verstummt. […]