Reformationsjubiläen damals und heute

dav„… von Kopf bis Fuß …“ In der Evangelischen Kirche, in zahlreichen Medien und Buchhandlungen sowie in wachsenden Teilen der Gesellschaft gehen die Zeichen zunehmend auf das Reformations-Jubiläumsjahr 2017 hin. Auch in der Braunschweiger Region bereiten viele Akteure Ausstellungen, Veranstaltungen und Aktionen vor, um 500 Jahre nach der Veröffentlichung der 95 Thesen Martin Luthers über die Reformation zu informieren. Man will Interesse wecken für „ein Ereignis von Weltformat“, dessen Folgen bis in unsere Gegenwart reichen.

Wie hat man die Jahrhundertfeiern und besondere Luthergedenkjahre in zurückliegenden Zeiten begangen? Am kommenden Samstag, 29. Oktober 2016 findet im Gemeindehaus von St. Katharinen ein Symposium zum Thema Reformationsjubiläen statt. Unter dem Titel „2017 wird anders.“ Werden namhafte Wissenschaftler u.a. zu „Lutherlegenden“, zur „Säkularfeier“ 1817 und zum Lutherjubiläum 1983 in der DDR sprechen. Ebenfalls wird eine Übersicht über zurückliegende Reformationsjubiläen gegeben und ebenso ein Blick auf das bevorstehende Großereignis geworfen, das schon seit Jahren von der Tourismusbranche sowie von kirchlicher und staatlicher Seite intensiv vorbereitet wird. „Die historischen Betrachtungen erheben heben uns in die Vogelperspektive und helfen zu verstehen, welche Tragweite und Bedeutung solche Jubiläen haben“, erklärt Regionalstudienleiter Werner Busch den Sinn dieser Tagung im Rahmen von „Akademie Regional“ der Evangelischen Akademie Abt Jerusalem. Machen die intensiven Bemühungen, es 20017 besser und unproblematischer zu machen als in früheren Zeiten, eine kritische Betrachtung des kommenden Jubiläums überflüssig? Auch darüber wird im Rahmen der Tagung diskutiert werden.

Sie findet im barrierefreien Gemeindehaus von St. Katharinen statt. Der Eintritt ist frei.

Die Referenten und ihre Themen:

 Professor Dr. Hartmut Lehmann: Lutherlegende

Prof Dr. Hartmut LehmannProf. Dr. Lehmann ist Allgemeinhistoriker und war Professor am Lehrstuhl der Christian-Karls-Universität Kiel. Er hatte daneben mehrere Gastprofessuren auch im Ausland inne und wurde Gründungsdirektor des Deutschen Historischen Institutes in Washington. Ab 1992 war er Direktor des Max-Planck-Instituts für Geschichte in Göttingen. Er bearbeitete verschiedene Forschungsschwerpunkte – z.T. mit kirchengeschichtlichen Bezügen – des 17. bis  20. Jahrhundert und hat auch über Reformationsjubiläen gearbeitet. Er kündigt seinen Vortrag wie folgt an:

„Es ist faszinierend zu beobachten, wie einzelne Episoden in Luthers Leben von Anfang an, das heißt schon zu seinen Lebzeiten, legendenhaft verklärt wurden. In dem angekündigten Vortrag sollen einige dieser Legenden diskutiert und mit dem historischen Befund konfrontiert werden.“

Dr. Christian Senkel:  Das Reformationsjubiläum 1817

Dr. Christian SenkelDr. Senkel ist Privatdozent der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und Mitarbeiter des Rektoratsbeauftragten „Reformationsjubiläum 2017“ und arbeitet im Projekt „Spurenlese – Die Wirkungen der Reformation“. Seinen Vortrag kündigt er wie folgt an:
„Wie vermutlich alle Reformationsjubiläen sind die deutschen „Säkularfeiern“ von 1817 durch Themen geprägt, die auch ohne das Anniversarium verhandelt würden. Im Vorfeld dominieren Debatten um Einigkeit und Einheit – der Nationen und der eigenen Nation, aber auch der Christenheit und des konfessionellen Lebens. In akademischen Festreden findet sich allerdings zugleich ein ruhigerer Ton, der der Reformation im Geist wissenschaftlicher Kritik gedenkt.“

 

Dr. Wolfgang Flügel: Konkurrenz um Reformation und Luther. Das Lutherjubiläum der Kirchen und der SED im Jahr 1983.Dr. Wolfgang Flügel

Dr. Flügel ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Organisationsbüro „Magdeburg und die Reformation“ am Kulturhistorisches Museum Magdeburg. Er hat das Thema „Konfession und Jubiläum“  erforscht  und sich darüber hinaus die besondere Situation des Luthergedenkjahres 1983 in der DDR analysiert. In seinem Vortrag wird er den Kampf über die Deutungshoheit des genannten Lutherjubiläums zwischen evangelische Kirche und DDR-Staat darstellen.

 

Prof. Dr. Hartmut Lehmann: Reformationsjubiläen 1617 bis 2017

“ Hundert Jahre, nachdem Luther seine 95 Thesen gegen den Ablass verfasst hatte, wurde zum ersten Mal das Jahr 1517 als Beginn seiner Auseinandersetzungen mit dem Papsttum und damit als Beginn der Reformation feierlich begangen. Seither reiht sich Jubiläum an Jubiläum: 1717, 1817, 1883, 1917, 1933, 1946 und 1983, bis hin zum bevorstehenden Jubiläum 2017. In dem angekündigten Vortrag soll gezeigt werden, wie in jedem dieser Jubiläen zeitgenössische Meinungen und Vorurteile den Umgang mit der Erinnerung an Martin Luthers Leben und Werk prägten.“

Regionalstudienleiter Werner Busch: Leiter und Moderator des Symposiums

BuschDer Gemeindepfarrer von St. Katharinen in Braunschweig hat in den zurückliegenden Jahren die jährlichen Schwerpunktthemen der Reformationsdekade im Gemeindeleben und in einigen Veranstaltungen der Ev. Akademie Abt Jerusalem mit Gottesdiensten, Vorträgen und Diskussionen aufgegriffen. Einen Teil der Planungen zum Jubiläumsjahr sieht er kritisch, dennoch freut er sich auf 2017. Am 31.10.2016 wird Busch im Rahmen von „Wort und Musik zum Reformationstag“, der Eröffnungsveranstaltung seiner Gemeinde für das Jubiläumsjahr, sprechen.